Die Chemikerin Ann-Kathrin Elger (28) räumt mit Vorurteilen gegenüber MINT-Disziplinen auf und möchte speziell auch für ihr Fachgebiet eine Lanze brechen. Seit einem Monat ist sie als Teil der Coaching-Teams in den Klassenzimmern Baden-Württembergs unterwegs.
Ann-Kathrin, du hast an der TU Darmstadt studiert und dort deinen Masterabschluss in Chemie gemacht. Dabei hast du an Metalloxid-Gassensoren und deren Wechselwirkungen mit unterschiedlichen Zielgasen geforscht. Das klingt ziemlich kompliziert! Was könnte diese Forschung in Zukunft bewirken?
Eines der Zielgase ist Ethanol, also das was allgemein unter Alkohol verstanden wird. Daher können diese Materialien zum Beispiel bei Atem-Alkoholtests eingesetzt werden. Weil sie aber nicht nur auf Alkohol, sondern auch auf andere Inhaltsstoffe der Atemluft ansprechen, können sie zu falschen Ergebnissen führen. Um das zu ändern, wird an unterschiedlichen Materialien und deren Verhalten gegenüber Gasmischungen geforscht. Aber auch in der Industrie finden diese Materialien Einsatz, beispielswiese um die Lagerung von explosiven oder entzündlichen Gasen zu überwachen.
Im Film sieht man Chemiker oft in Laboren, die voller Dampf und Glaskolben mit bunten Flüssigkeiten sind. Wie sieht der Arbeitsalltag wirklich aus?
Es gibt einige Labore, in denen es tatsächlich so aussieht – vom Dampf vielleicht abgesehen. Die spätere Arbeit hängt aber stark von der Ausrichtung ab und studierte Chemiker stehen nur noch selten selbst im Labor. Gerade in der organischen Chemie finden sich in den Laboren häufig Glaskolben und Reagenzgläser. In der technischen oder physikalischen Chemie wird sehr viel mehr an Geräten und Maschinen gearbeitet. Und dann gibt es auch noch die theoretische Chemie, die gar nicht mehr im Labor, sondern am Computer stattfindet.
Gab es einen „Aha“-Moment, der dich zum Chemie-Studium brachte?
Ich denke, den Grundstein haben meine beiden Chemie-Lehrer in der Oberstufe gelegt. Sie haben mit sehr viel Herzblut und Spaß unterrichtet. Einen wirklichen Aha-Moment gab es bei mir nicht – es war mehr die Entdeckung, wie viel Chemie im Alltag steckt, die ich gerne verstehen wollte. Das ging mir bei weitem nicht in allen Schulfächern so. Den Spaß an der Physik habe ich zum Beispiel erst im Studium durch Praktika im Physiklabor entdeckt.
Welchen Tipp kannst du Jugendlichen geben, die mit den Naturwissenschaften noch nicht warm geworden sind?
Für mich ist gerade der Alltagsbezug sehr spannend. Meistens ist die Aussage „Da ist Chemie drin“ negativ gemeint, aber im Grunde steckt sie überall drin. Egal, ob mit oder ohne Fertigmischung, selbst beim Kuchenbacken ist Chemie im Spiel: Er wird locker und fluffig, weil das verwendete Backpulver (Natriumhydrogencarbonat) zusammen mit Wasser zu CO2 reagiert. Das können wir sogar beobachten: Es bilden sich kleine Gasbläschen im Teig.
Worin liegt für dich der Reiz, vom Labor ins Klassenzimmer zu wechseln?
Während meiner Arbeit an der Universität habe ich bereits Studenten aus verschiedenen Studiengängen in Praktika und Übungsgruppen betreut. Dabei habe ich gemerkt, dass mir an der Wissenschaft nicht nur das Verstehen, sondern auch das Kommunizieren und Weitergeben sehr viel Spaß macht.